(6) Erwachsen werden (Hurrelmann/Erikson)
Klaus Hurrelmann, den wir schon aus der 11 kennen, lesen wir hier so,
dass er unsere gesamten Überlegungen der Q1 zusammenfasst. Es geht um die
Frage, welche Aufgaben sich einem Jugendlichen stellen, der nun endlich
sein Leben in die eigene Hand nehmen will und in unserer Demokratie ein
eigen- und sozialverantwortlicher Mitmensch werden möchte. Nach dem Motto
"Der Weg ist das Ziel" sollte dieser Weg gekennzeichne sein von den
Qualitäten Selbstorganisation, schöpferische Selbstkonstruktion,
eigenständige Lebensführung und schöpferischse Konstruktion der eigenen
Indentität im Wechselspiel von Individuation und Intergration ...
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(5)
Jugendkrisen, deviantes Verhalten, psychoanalytisch und
sozialpsycholgogisch (Rauchfleisch bzw. Heitmeyer/Hurrelmann)
Nach der systemischen Therapie, in der uns die Bearbeitung der
Jugendkrise "Magersucht" begegnete, wenden wir uns nun einer weiteren
Sicht auf Jugendkrisen zu. Jugendkrise meint in diesem Zusammenhang, dass
es auf dem Weg des Jugendlichen zur einer eigenständigen und
selbstverantwortlichen Identität Ereignisse gibt, die diesen Weg stören
und ggfs. in falsche Richtungen führen. Hier fällt dann häufig der Begriff
des "devianten" bzw. abweichenden Verhaltens. Jugendliche geraten mit dem
Gesetz in Konflikt, werden kriminell und u.U. gewalttätig. Den Begriff
der Gewalt haben wir geklärt: Zunächst assozieren wir mit Gewalt physische
Gewalt. Jemand wird geschubst, geschlagen und gar verletzt. Dann geht es
um psychische oder seelische Gewalt. Jemand wird ausgegrenzt, beleidigt
oder gemobbt. Als Drittes ist auch noch strukturelle Gewalt in den Blick
zu nehmen. Jemand lebt in gesellschaftlichen Verhältnissen, die ihm z.B.
unverschuldet den Arbeitsplatz nimmt, ihn so ausschließt und schließlich
arm macht. Armut allgemein ist strukturelle Gewalt. Ein Bildungswesen ohne
gleiche Chancen für Kinder aller Gesellschaftschichten übt ebenfalls
strukturelle Gewalt aus. Strukturelle Gewalt wird auch dann ausgeübt, wenn
vermeintliche Mehrheiten - "Wir sind das Volk" - meinen bestimmen zu
wollen, wer alles nicht dazugehört. Die Minderheiten, die so gerne
ausgegrenzt werden, sind vielfältig: Flüchtlinge, Asylsuchende,
Andersgläubige wie Juden und Muslime, Menschen anderer Hautfarbe, Sinti
und Roma. Aber auch unter den "Kartoffeln" gibt es für viele einiges
auszugrenzen: Behinderte, Obdachlose, Homosexuelle, Arbeitslose,
Ungelernte, Pflegefälle usw.. Auch der Renter, der von seinem Bankberater
"legal" um sein Erspartes gebracht wird, gehört in die Reihe derjenigen, die Opfer
struktureller Gewalt sind. So stellt sich die Frage, wie
Menschen in ihrer Identitätsentwicklung dazu kommen, Anderen Gewalt
anzutun. Wie kommt man dazu Anderen genau das anzutun, was man selber
sicherlich nie erleben wollte. Dazu muss man nicht nur
systemisch auf die Fälle sehen, sondern in der Biografie der Devianten
weit zurückblicken. Auch diejenigen, die sich berechtigt fühlen, z.B.
dunkelhäutige Menschen mit Baseballschlägern durch die Fußgängezone zu
verfolgen, waren ursprünglich genauso so süße Babys wie ihr und ich.
Sie sind allesamt unter uns so geworden. Wenn wir
Ansätze dazu finden wollen, dem Gewalttätigen wirksam entgegenzutreten,
ist nicht nur für Pädagogen die Frage spannend, was wir langfristig
vorbeugend tun können, damit die Zahl derjenigen, die sich in die
Gewalttätigkeit entwickeln, deutlich geringer wird. ....
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(3) Der Mensch als Kommunikationswesen, Sozialisation als Rollenlernen
(Mead) + (4)
Jugendkrisen aus Sicht systemischer Therapie
In Q1.1 beschäftigen wir uns aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem
Wesen des Menschen. Mit Freud lernten wir uns als psychosexuelles
Triebwesen kennen. Freud wollte Neurosen heilen und entwarf dazu die
psychoanalytische Methode. Mit Erikson lernten wir uns als psychosoziales
Wesen kennen. Erikson hatte eine zielführende Entwicklung zu einer
eigenständigen Identität im Blick und gibt Rat zu einer zwischen
Fehlanpassung und Malignität ausbalancierten Entwicklung. Mit Piaget
lernten wir uns als Lernwesen kennen. Piaget beschreibt die kognitive
Entwicklung des Menschen und fordert implizit eine eigenständige
Lernerfolgsgeschichte, die wir bei Montessori gut umgesetzt sahen. Mit
Mead lernen wir uns als sprachliche Kommunikationswesen kennen. Mead geht
es um gelingende menschliche Kommunikation, um Identitätsbildung durch
Zuschreibungen Anderer sowie darum, wie wir auf diese Zuschreibungen
reagieren können und wie so ein komplexes sich gegenseitig beeinflussendes
Rollenspiel beginnt, das uns in Rollen einführt und uns Rollen prägen
lässt. Über die Bedingungen der Möglichkeit dieses Rollenlernens, dass er
idealtypisch darstellt, müssen wir als Pädagogen dann noch gesondert
nachdenken. Ein Argumentationsbeispiel dazu steht rechts: Bedingungen für
eine ideale SELF-Entwicklung. Nachzudenken wäre einerseits, ob die von Mead ins Auge
gefasste Identitätsentwicklung (SELF aus ME vs. I) z. B. in
sozialen Netzwerken ebenso gelingen kann. Dazu muss untersucht
werden, ob die beschriebenen Kommunikationskanäle, über die
ME-Zuschreibungen und I-Reaktionen laufen, mit entsprechender Qualität
auch bei social media zur Verfügung stehen bzw. ob GAME dort ebenso
möglich ist. Danach beschäftigen wir uns aus Meadscher Perspektive mit
der Systemischen Therapie, da man auch hier sagen könnte,
das systemische Therapeuten in der Familie das GAME wieder gängig machen.
- In der Klausur, die wir zum Thema schrieben, begegneten wir den
Grundqualifikationen von Lothar Krappmann. Eure Klausurergebnisse
dazu waren alle so, dass man sagen konnte, dass die Krappmannschen
Grundqualifikationen gut mit der Meadschen SELF-Entwicklung im
Schnittpunkt von ME und I zusammenpassen. Genauso kann man auch eine
Parallele zur systemischen Therapie sehen: Man kann so gesehen die Aufgabe
des systemischen Therapeuten so beschreiben, dass er die Aufgabe hat,
allen allen Familienmitgliedern die Krappmannschen Grundqualifikationen
beizubringen und dafür zu sorgen, dass alle diese in ihrer Familie auch
frei gegenseitig anwenden können und wollen.
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(1) Der Mensch als Triebwesen, psychosexuelle und psychosoziale
Entwicklung (Freud/Erikson)
Nach unserer Sicht auf die Phasen der Entwicklung, erinnern wir uns an
Freud und gehen dann zu Erikson über. Erikson geht nicht von lustbetonten
psychosexuellen Phasen aus, sondern von psychosozialen Grundgegebenheiten
und betrachtet so, wie der Mensch sich abhängig von und in seinem
unmittelbaren sozialen Umfeld psychisch entwickelt und seine Identität
ausbildet. In der ersten Phase gibt es zu Freud eigentlich keinen
Unterschied. In der zweiten Phase geht es Freud und Erikson beiden um die
beginnende Ich-Entwicklung. Während bei Freud hier psychosexuell
betrachtet die Reinlichkeiterziehung in den Fokus rückt, geht es bei
Erikson um jede Ich-Tätigkeit und deren Würdigung durch das aktuelle
soziale Umfeld, hier vor allem die Eltern. In der dritten Phase geht es
Erikson auch um das Über-Ich, denn bei ihm rückt nun auch der
Schuldbegriff in den Fokus. Vom Ödipuskomplex wie bei Freud ist bei
Erikson aber nicht mehr die Rede. In den weiteren Phasen macht es dann
keinen Sinn mehr, den Bezug zwischen Freud und Erikson herzustellen.
Lernschwerpunkt ist hier, einerseits die Fachbegrifflichkeit Eriksons zu
nutzen, andererseits aber auch genau darlegen zu können, was das in der
jeweilgen Phase konkret im praktischen Leben für das Baby, das Kind und
den Jugendlichen bedeutet.
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