Produktive Realistätsverarbeitung - Hurrelmann | ||||||||||||||||||||||||||
Unserer Gesellschaft gerecht werdend muss
Pädagogik
Pädagog*innen mit zuvor genanntem Erkenntnisinteresse müssen von dieser Theorie Aussagen darüber erwarten, wie die produktiv zu verarbeitende Jugendrealität so ablaufen kann, dass am Ende integrierte mündige Demokrat*innen das Ergebnis sind. Diese zentrale Antwort hat Klaus Hurrelmann schon vor vielen Jahren gegeben und sie ist auch im Kern gleich geblieben. In den Fortschreibungen der Theorie ist vor allem die Beschreibung der Jugendrealität deutlich ausgeweitet und verbreitert worden. Der Erkenntnisgewinn, wie in dieser Realität Mündigkeit erreichbar werden kann, hat nicht in gleichem Maße zugenommen. (Das ist durchaus auch ein zu beachtender Aspekt in der Pädagogik. Vieles nimmt in der Erziehungswissenschaft an empirischer Breite zu, aber die pädagogischen Handlungsvorschläge wachsen nicht vergleichbar mit.) Betrachten wir hier nun vor allem die zentralen Punkte, die Hurrelmann zu seinen Handlungsvorschlägen führt, und diese selbst. Bei dieser Betrachtung möchte ich die Zusammenhänge so darstellen, dass die Schüler*innen sich nicht genötigt sehen, 10 Maximen auswendig zu lernen. Das ist schlimm. Denn es gibt bei allen Maximen zwischen ihren Überschriften und Inhalten keinen über die Zahlenreihenfolge hinausgehenden Zusammenhang. (Lange Zeit waren es 8 Maxime, aber nun ist die Zahl der Zehn Gebote erreicht.) Mit Hilfe der Eingangsgrafik aus der Zusammenfassung kann der Kern dessen, was Pädagog*innen von Hurrelmann wollen, so in den Griff genommen werden, dass das zentrale Begriffsnetz Hurrelmanns für das Abitur hinreichend präsent ist. (Folgende Farben hier nun passend zur Zusammenfassung) Die Grafik ist aus der Mitte heraus zu lesen. Rechts und links vom schematischen Gehirn mit den Rechts-Links-Pfeilen, sind die beiden Hauptpole gelb dargestellt, zwischen denen hin- und hergerissen die Jugendlichen gefühlt schon immer ihre Entwicklung meistern müssen. Auf diese Grundsituation gehen auch viele andere Theorien (s. "Vernetzungen" unten) ein, die nicht nur für das Abitur, sondern auch für die Pädagogik wichtig sind. Rund um das Individuationsverlangen, so zu sein wie kein anderer, und das Integrationsverlangen, so sein wie andere, tobt der Pubertätskampf:
Der Identitätsprozess der aus dieser Situation resultiert, löst zwiespältige Gefühle aus und generiert ebensolche Sozialerlebnisse. Er ist spannungsreich(a) und krisenhaft(b). Vor allem aber ist er musterbildend. Man denke nur darüber nach, ob der in Beispiel b verschmähte Fußballspieler dann, wenn er zu konkurrenzfähigen körperlichen Kräften gekommen ist, es schafft, seinen körperlich möglichen Platz zu erstreiten. In dieser Zwiespältigkeit steckt aber auch Chance & Risiko, Stimulation & Belastung sowie Freiheit & Begrenzung. Nícht nur Pädagog*innen müssen daran mitwirken, dass der gesamte Prozess jedem Jugendlichen in musterbildender Erinnerung bleibt und er stolz sagen kann:
Betrachtet man so erreichte Ich-Identität, dann kann deren Erreichen heute auch als erfolgreich Bewältigung von vier Jugendaufgaben beschrieben werden, in denen es um folgende Fähigkeiten und Bereitschaften geht:
Genaueres zu den vier Jugendaufgaben kann dann auf weiteren Seiten der Zusammenfassung nachgelesen werden. Damit der Weg zur Ich-Identität auf die beschriebene Art und Weise funktioniert, sind vor allem soziale Ressourcen vorzuhalten. Diese sind gesellschaftlich beeinflussbar. Die neuerdings auch erwähnten personalen Ressourcen sind sicherlich auch richtig. Wird aber nur empirisch festgestellt, dass zur Aufgabenbewältigung auch die personale Ressource hohe Intelligenz des Jugendlichen gehöre, dann staunen die handlungsorientierten Pädagog*innen und lechzen nach Erkenntnissen, aus denen ableitbar ist, was getan werden könnte und müsste. In neueren Versionen werden auf dem Weg zur Identität auch Risiken beschrieben, die den Identitätsprozess begleiten können. Hierzu werden drei Risiko-Varianten dargelegt:
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Wesentliche Vernetzungen mit anderen Themen: Heitmeyer/Rauchfleisch: Von Heitmeyer und Rauchfleisch her gedacht, die beide scheiternde Identitätsentwicklung untersuchen, findet sich ein unmittelbarer Verbindungspunkt in den zuvor dargestellten Risikovarianten, die dann mit Heitmeyer sozialpsychologisch und mit Rauchfleisch psychoanalytisch interpretiert werden, um zu Handlungsoptionen für Hilfe und Eingreifen zu kommen. Freud/Erikson/Mead: Von diesen her gedacht liegt im Spannungsverhältnis von Individuation und Integration ein zentraler Verbindungspunkt zur Theorie zur Produktiven Realitätsverarbeitung. Insgesamt gesehen werden Zusammenhänge sichtbar, die grundsätzliche Wesenszüge des Menschen ausmachen: "anthropologische Grundanahmen":
Natürlich haben solche Tabellen, die auf einen Blick in fünf Zeilen und ebenso vielen Spalten schnell etwas auf den Punkt bringen wollen, auch ihre Tücken. Denn so vielfältige Theorien passen nicht ganz einfach in fünf Vergleichsschubladen. Da muss im Detail und je nach Problemfall genauer hingesehen werden. Insgesamt betrachtet jedoch und vor allem, weil es nicht die eine Theorie zum Menschen gibt, muss der Blick auf den Menschen und seine Verstrickungen immer multiperspektivisch sein. So gesehen ist es nur zu einleuchtend, dass im Blick auf den immer gleichen Gegenstand die Leuchtkegel theoretischer Erhellung Überschneidungen aufweisen. Kohlberg/Interkulturelle Bildung: Eine Gemeinsamkeit dieser beiden Themen ist sicherlich, dass sie zum Erhalt und zur Fortentwicklung des Demokratischen beide fordern, dass Demokratie-Lernen am besten eingebunden in gelingende demokratische Praxis erfolgt. Von hier her gedacht schlägt sich eine Brücke zum Hurrelmannschen Identitätsprozess. Die Qualitätskriterien dieses Prozesses können auch als Qualitätskriterien für gelingende demokratische Praxis angesehen werden. |
Heitmeyer Rauchfleisch Freud Erikson Mead Piaget Kohlberg Interkulturelle Bildung |